[ Startseite | Inhaltsverzeichnis | Vorwort | Einführung | Aufgaben mit Lösungen | Kontakt ]

Wissenschaftssprache Deutsch: lesen − verstehen − schreiben

Kapitel: [ Überblick > Kap. 1 | Kap. 2 | Kap. 3 | Kap. 4 | Kap. 5 | Kap. 6 | Kap. 7 | Kap. 8 | Kap. 9 ]

Ein Lehr- und Arbeitsbuch   von Gabriele Graefen und Melanie Moll

Aufgaben: [ 5.1.3 | 5.2.1 | 5.2.2 | 5.2.3 | 5.2.4 | 5.2.5 A1 | 5.2.5 A2 | 5.2.5 A3 | 5.2.6 | 5.2.7 ]

Wissenschaftssprache Deutsch:
lesen – verstehen – schreiben

Ein Lehr- und Arbeitsbuch

Gabriele Graefen / Melanie Moll

Aufgaben mit Lösungen


5 Beziehungen und Verweise im Text

5.1 Zeigwörter und Bezugswörter: Einführung

5.1.3 Übung zur Textanalyse: Zeig- und Bezugswörter
in einem sozialwissenschaftlichen Artikel


Aufgabe: Lesen Sie den Textauszug aus der Einleitung eines Forschungsberichts und achten Sie auf die markierten Ausdrücke: Bezugswörter (fett gedruckt), Zeigwörter und Relationszeigwörter (kursiv). Diskutieren Sie die Funktionen und Bedeutungen im Text.

(1) Interkulturelle Studien sind systematisch vergleichende statistische Untersuchungen. (2) Ihr Ziel ist die Überprüfung theoretischer Aussagen über variable kulturelle Phänomene nach anerkannten logischen und statistischen Regeln. (3) Ihre Untersuchungsobjekte sind vorwiegend nicht-industrialisierte Gesellschaften aus mehreren Kontinenten. (4) Sie sind hier von den systematischen Vergleichen moderner, geschichtsschreibender Nationen, den sog. „holonationalen Studien“ und den systematischen Vergleichen nur einer Handvoll Kulturen einer Region, den so genannten „controlled comparisons“, zu unterscheiden (s.a. Wirsing 1975: 101ff.).

(5) Eine Besonderheit dieser Studien ist, daß sie auf die Feldforschung angewiesen sind, ein ethnologisches Verfahren, dessen Vorgehen und Zielsetzung sich sehr von denen des interkulturellen Vergleichs unterscheiden. (6) Die Feldforschung findet nur in einer zu untersuchenden Kultur statt und fokussiert dabei auf eine überschaubare Gemeinde; der interkulturelle Vergleich wird in der Bibliothek, im Büro und am Computer durchgeführt und befaßt sich mit mindestens 20 oder mehr Untersuchungseinheiten. […] (7) Die Feldforschung betont oft die Ganzheit, individuelle Eigenart und letztendlich die Unvergleichbarkeit der untersuchten Kultur; der interkulturelle Vergleich geht von dem Vorhandensein gemeinsamer kultureller Dimensionen aus, deren Ausprägungen sich messen und mit denen anderer Kulturen vergleichen lassen. (8) Das Ziel der Feldforschung ist es, die Funktionsweise der untersuchten Kultur − oft unter Einbeziehung der Sichtweise und kognitiven Struktur der Menschen aus der untersuchten Gruppe − zu beschreiben und zu verstehen. (9) Das Ziel des interkulturellen Vergleichs ist es hingegen, kulturübergreifende Generalisierungen in der Wissenschaftssprache der Ethnologie zu formulieren und zu überprüfen.

(10) Obwohl die Ethnologen im Verlauf der Geschichte der Disziplin das Ziel der Theorieentwicklung und Überprüfung nie ganz aus den Augen verloren, haben sie bis heute nur eine vergleichsweise geringe Anzahl interkultureller Studien durchgeführt. (11) Interkulturelle Studien sind uns zwar seit den Gründerjahren der Ethnologie bekannt, haben aber bis heute nie eine dominierende Rolle eingenommen. (12) Die erste interkulturelle Studie wurde von Sir Edward Tylor durchgeführt, der während einer Tagung des Royal Anthropological Institute in London im Jahre 1888 bivariate Korrelationen, oder Adhäsionen, wie er sie nannte, zwischen bestimmten ausgewählten Merkmalen der ihm bekannten Kulturen vorstellte. (13) Von diesen Korrelationen schloß er auf Gesetzmäßigkeiten, denen er den Anspruch weltweiter Gültigkeit beimaß. (14) In den darauf folgenden 87 Jahren, d.h. bis zum Jahre 1975, wurden nur 278 solcher Studien (Schaefer 1977: 74) erstellt, 226 davon allein im Zeitraum zwischen 1949 und 1972. (15) Nach 1972 scheint die Anzahl der veröffentlichten Studien dieser Art pro Jahr eher zu stagnieren oder sogar zurückzugehen. (16) Dies belegt auch die von Levinson und O'Leary (1982) erstellte Bibliographie von 73 weiteren Studien (…) (17) In der deutschsprachigen Literatur sind mir nur sehr wenige Studien dieser Art bekannt.

(aus: Korpus Graefen, Fach Ethnologie)

Lösung:

 ©   G. Graefen / M. Moll, München, 2011